Vertragszahnärzte sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in ihrer Praxis verpflichtet, allerdings kann das Qualitätsmanagement (QM) als Instrument der Praxisführung dabei dem eigenen Qualitätsverständnis und den spezifischen Bedürfnissen und Zielen entsprechend gestaltet werden. Eine einheitliche Standardisierung ist somit nicht vorhanden. Evident ist dabei, dass Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zur Relevanzbestimmung von Tätigkeiten und Maßnahmen in den Zahnarztpraxen dienen, um bürokratischen Aufwand einzuschränken und zu vermeiden. Ein systematischer Zusammenhang zwischen dem subjektiven Qualitätsverständnis und der Anwendung von QM-Instrumenten ist gleichwohl noch nicht erforscht.
Fragestellung: In der hier vorbeschriebenen deskriptiven Studie im Rahmen der Versorgungsforschung ist untersucht werden, ob es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Optimierung von Strukturen und Prozessen in Zahnarztpraxen durch die Auslagerung von Leistungen an externe Dienstleister gibt. Der Zahnarzt erhält durch diese Maßnahmen signifikant mehr Zeit, sich auf seine Hauptaufgabe – die Versorgung des Mundraumes – zu konzentrieren, ist die Arbeitshypothese.
Zu diesem Zweck hat die Stiftung unter dem Dach von QM/QS unter Einhaltung der Kriterien Validität, Reliabilität und Objektivität einen Fragenkatalog entwickelt, der von 100 Zahnärzten aus NRW beantwortet worden ist. Abgefragt wurden Geschlecht, Alter, angestellt/selbständig, Praxisgröße, Arbeitszeiten, Terminvergabeverfahren, externe Dienstleister, Bedeutung der Auslagerung von Leistungen auf Prozess- und Strukturqualität, Finanzierung und Versicherung von nicht GKV-Leistungen, Qualitätsmanagement, Datenschutz, Abrechnungsgesellschaften etc.

Wir haben die Daten von 100 Rückläufen (1 Fragebogen/Praxis) aus den im Oktober-Dezember 2019 sowie Januar 2020 befragten ZA-Praxen ausgewertet. Es wurde gewährleistet, dass keine Rückschlüsse personenbezogener Daten bei der Auswertung möglich waren und eine pseudonymisierte Analyse der Daten gewährleistet war. Insgesamt arbeiten in den 100 Praxen mehr als 180 Zahnärzte/innen.

1. Geschlecht/Alter
62 männlich, davon 24 zw. 30 und 45 Jahren, 28 zwischen 46 und 60, 10 älter als 60
38 weiblich, davon 20 zw. 30 und 45 Jahren, 12 zwischen 46 und 60, 6 älter als 60.

2. Status
selbständig männlich 63, weiblich 37, angestellt männlich >= 41, weiblich >= 39.

3. Praxisgröße
34 weniger als 3 ZÄ/innen, 40 zwischen 3 und 5, 26 mehr als 5.

4. Arbeitszeiten
Eine signifikante Korrelation mit dem Geschlecht/Alter sowie mit der Praxisgröße ist feststellbar. Je größer die Praxis, je größer der weibliche Anteil, je jünger die ZÄ/innen, desto flexibler die Arbeitszeiten.

5. Terminvergabeverfahren
Wie bei den Arbeitszeiten eine hohe Korrelation mit Geschlecht/Alter sowie der Praxisgröße. Je größer die Praxis, je jünger die ZÄ/innen umso ausgeprägter die digitalisierte Form der Terminerinnerung. In der Gruppe 30-45, egal ob männlich oder weiblich, 95%, in der Gruppe 46-60 immerhin noch 80%, in der Gruppe über 60 lediglich 21%.

6. Externe Dienstleister
Gefragt wurde nach QM-Beauftragter/Zertifizierer, nach einem Datenschutz- und Hygienebeauftragtem, nach Abrechnungsgesellschaften, betriebswirtschaftlicher Beratung sowie Weiterbildung. Auch hier ist eine hohe Korrelation zu Alter/Geschlecht sowie zur Praxisgröße zu erkennen. Je größer die Praxis, je jünger die ZÄ/innen, desto größer die Inanspruchnahme externer Dienstleister. In der Gruppe 30-45 Jahren mit mehr als 5 ZÄ/innen nehmen 80% externe Dienstleister in Anspruch, immerhin noch 70% in der Gruppe 46-60, lediglich 40% bei den über 60jährigen. Das bezieht sich mit geringen Abweichungen auf alle dargestellten Dienstleistungen.

7. Bedeutung der ausgelagerten Leistungen für die Strukturen, Prozesse und den wirtschaftlichen Erfolg
Während normative Dienstleistungen wie etwa Hygiene, Datenschutz, QM-Beauftragter in ihrer Bedeutung von der Gruppe der ZÄ/innen, die am häufigsten externe Dienstleister in Anspruch nimmt, die 30-45 jährigen, in einer Skala hoch-mittel-niedrig mehrheitlich mit mittel bewertet werden, werden die betriebswirtschaftliche Beratung sowie die Inanspruchnahme etwa von Factoringgesellschaften, die überdies die Finanzierung von Nicht-GKV-Leistungen, wie die Zahnreinigung, Zahnersatz sowie Kronen etc. organisieren, mit hoch (70%) bewertet. Auch die Gruppe der 46-60-jährigen bewertet diese Leistungen mehrheitlich mit hoch (55%), während die über 60-jährigen diese mehrheitlich mit niedrig (65%) bewerten.

8. Auswirkungen neuer Geschäftsmodelle im Bereich der Zahnkredite für die Finanzierung von Nicht-GKV-Leistungen
Die möglichen Auswirkungen bezogen sich im Fragenkatalog auf die Tilgung von Praxiskrediten, Optimierung von Strukturen und Prozessen des Praxisalltags, die Finanzierung von Nicht-GKV-Leistungen sowie auf die Altersvorsorge der ZÄ/innen. Auch hier wurde die Skala hoch-mittel-niedrig vorgegeben. Im Prinzip ergibt sich das gleiche Bild bezgl. der Altersgruppen und Praxisgröße. In der Finanzierung von Nicht-GKV-Leistungen über z.B. Factoringgesellschaften sehen die Altersgruppen 30-45 und 46-60 wesentliche Vorteile für die Praxisabläufe, da sie erhebliche Slots an Zeit einsparen, die sie zuvor für die Organisation und Finanzierung derselben verwendet haben. Eindeutig sehen sie einen Zeitgewinn für ihre originären Aufgaben, die Versorgung des Mundraums. So bewerten beide Gruppen die Auswirkungen mehrheitlich mit hoch. Die Gruppe der über 60- jährigen dagegen bewertet diese mit niedrig. Das Ergebnis zeigt sich bei der Frage nach den Auswirkungen auf die Altersvorsorge der ZÄ/innen sowie der Tilgung von Praxiskrediten kongruent – 30-45 hoch, 46-60 hoch, über 60 mit niedrig.

Grundsätzlich ist nach der Auswertung festzustellen, dass sich die ZA/ZÄ/innen Praxen in einem Veränderungsprozess befinden: Sie werden weiblicher, in den Arbeitszeiten flexibler, die Einzelpraxen nehmen ab, größere Organisationen bilden sich heraus, die Bereitschaft nicht originäre Aufgaben an externe Dienstleister abzugeben, ist signifikant nach einem bestimmten Altersmuster – die Gruppe der dargestellten jüngeren ZA/ZÄ/innen zeigt dabei die größte Bereitschaft in der Veränderung, die mittlere Gruppe ist weniger bereit dazu, aber „nicht abgeneigt“ und die „alte“ Gruppe zeigt wenig Interesse an den dargestellten der möglichen Veränderungen von Strukturen und Prozessen. Das gilt ebenso für die Fragestellung nach der Bedeutungszumessung der Auslagerung von Dienstleistungen (vgl. Pkt. 8).